Die Alte und die Zeit

Die Alte und die Zeit

Vom Geheimnis der Zeit-Dehnung

Die Katz´ und die Alte sitzen zuhaus am Feuer.

Die Alte döst. Die Katz denkt nach.

Die Nacht war ihr nicht ganz geheuer.

Sie war kalt und unendlich lang.

Die Alte dehnte sie noch g´scheit,

und sprach lange über Sinn und Zeit.

Da aber brach dann plötzlich

eine andere Zeit herein.

Das änderte das Verhalten der Alten.

Sie schien die Zeit mit ihren Fingern festzuhalten

und die Erzählung folgte ihrem steigenden Arm 

und stieg steil auf, formte einen gespannten Bogen,

aus dem ein glitzernder Raum entstand,

in dem Sekunden flogen, mit Zahlen spielten,

über die Erzählung lachten, sich aneinander hielten,

sich selbst kürzten, dehnten, explodierten.

Sie vermehrten sich. Es entstanden weitere Sekunden,

und auch Stunden, die wieder spielten, tanzten

und der Raum, der mit ihnen entstand,

dehnte sich mehr und mehr mit dem Tanz

und erschien schließlich in vollem Glanz.

Der See, der Schnee, der Baum - 

alles war da - 

und es war wie im Traum.

Es war aber kein Traum.

Glück stand im Raum.

Die Katz und die Alte

entdeckten ihren Seelenraum,

der sich im Brustraum dehnte

und nicht zu unterscheiden war

von dem, was um sie geschah.

Dann, irgendwann, 

sagte die Alte kurzerhand,

sie beschließe,

den Unterricht abzuschließen;

die Sekunden würden nun

nach innen fließen

und die Katze sollte sie

ohne zu zählen

ins Herz eingießen, 

die einschießende Wärme ausgiebig genießen

und den ganzen Erfahrungsreichtum

in ihrem dicken Bauche speichern.

Dann machte die Alte Pause.

Sie griff

nach der Katz mit ihrem ganzen gespeicherten Schatz

und trug sie nach Hause.

Nach kurzer Pause

betrat sie

mit entschiedenen Schritten 

einen neuen Raum,

und entsprach

mit ihren maßvollen Tritten

einem neuen Maß, wo jede Sekunde haargenau zählt,

und die geordnete Welt 

mit der exakten Zahl zusammen hält.

Nun am Feuer fällt 

die Alte erschöpft zusammen;

und während der Hund Sekunda bellt

in des Mondes Widerschein,

nippt die Katz am guten Wein,

spürt nach und erinnert sich an die Nacht,

in der ihr neues Bewusstsein von Wirklichkeit erwacht´.

Zuzana Sebková-Thaller