Die Alte und die Wissenschaft und was der Fokus alles schafft

Die Alte und die Wissenschaft und was der Fokus alles schafft

Nachdem die Schlange 

ihre Rede geschwungen hatte,

übernahm die Alte das Wort.

Ist es so, wie die Schlange spricht,

ist der Mensch ein kleiner Wicht,

mit trüber Sicht in seiner Welt 

aus dichtem Licht, in der

er als einziger Held

unabhängig ist, 

selbstständig steht, 

seine Flagge hisst,

und gewichtig tut,

weil er nicht sieht,

dass die Geschichte

sehr vielschichtig geschieht.

„Heute hängt er schwer

am Maß der Masse

und lenkt seinen Blick

nur auf einen Fokus

der alles

in einem Punkt

verdichtet.

Dadurch wird

ziemlich einseitig

gewuchtet

das Rad der Menschenwelt,

die das Nichts

zwischen den Speichen

nicht richtig schätzt,

sondern eher für Unsinn hält

anstatt dass sie

über Laotses Entdeckung

aus allen Wolken fällt“,

erzählt gewichtig die Alte.

Sie spräche aus eigener Erfahrung

und halte auch Seminare

für namhafte Wissenschaftler,

deren Haare 

aus für sie völlig unerklärlichen Gründen

zu Berge zuweilen stünden.

Sie ließe sie im Saal

ruhig raunen,

und erzähle es lieber

den Tieren,

die noch richtig staunen

und vor wahrem Wissen

nicht fliehen:

„Maßgeblich

für das menschliche Weltenrad

ist die Masse.

Doch obschon

sie die Wissenschaft

so unfassbar gut erfasse,

dreht sich nicht mehr

wie zuvor das Rad,

sondern gerät

alles

mehr und mehr

außer Rand und Band.

Viele Wissenschaftler

wurden da zu Rat

gezogen,

warum sich das Rad

nicht nach seiner gewohnten Art

weiter dreht.

So sehr nahm

die schwere Materie

einen Wissenschaftler 

in ihren Bann,

dass sie ihm jede Kraft entzog.

Sie sog ihn danach ein

in den gierigen Schlund

des schwarzen Loches,

in dessen kreisendem Antischein

er anschließend spurlos 

verschwand.

Die Dichte

des Loches steige

potenziell mit

seiner Schwere an,

und zöge

weitere Wissenschaftler

in seinen Bann,

höre man ganz leise

aus eingeweihtem Kreise.

Einer von ihnen,

kroch jedoch

gegen jedes Gesetz

der Wissenschaft

rückwärts wieder heraus

aus dem schwarzen Loch.

Er hielt

fest die Anti-

materie in seiner Hand,

und es sei ihm

nun bekannt,

dass jeder Elefant

auf der Anti-Seite

des Loches

auf seinen Anti trifft,

der ihn

aus dem Sattel hievt,

weil schwebend

und unbeschwert.

Sein Maßstab

habe sich

auch

dort bewehrt!“

Hund und Katz

sind wie gebannt

von dem,

was Wissenschaft

genannt.

Und sie staunen

ob des einen,

der aus des Loches

schwarzer Haft

wieder aufgetaucht.

Die Alte 

hört man aber raunen:

„ins Schwarze hat 

die Wissenschaft

getroffen,

drin sei sie

aber abgesoffen

und der Vogel,

den sie dabei abgeschossen,

ist unverdaulich 

für Hund und Katz.

Ein Vogelmord!“,

setzt die Alte

ihre Rede fort.

„Glaubt nicht alles,

was man sagt.

Der Fokus,

aller Kraft 

auf einen Punkt 

gebracht,

verschließt alles,

macht schwer 

und dicht

und quetsch zusammen 

das grellste Licht

zur Materie mit Gewicht.

Statt Durchblick

jedoch

keine Sicht!

Zum Sehen

brauchen wir 

das Licht!

Nicht ganz dicht

scheint mir

die Wissenschaft,

die dingfest macht

und glaubt, dadurch 

Einsicht in die Materie

zu kriegen.

Leichter lernst Du,

liebe Katz,

das Fliegen! 

Wir Hexen sind gewöhnt:

auch im Feuer

des Gefechts

gehört der Spieß

mal umgedreht.

Sonst ist der Braten

sehr einseitig geraten.

Ein Fehler ist, 

meiner Meinung nach,

der Wissenschaft

unterlaufen.

Und nur darum

hat sie sich

so schwer verlaufen

in dem dichtem Loch.

Als der besagte Wissenschaftler

aus dem Loch

zurück wieder kroch,

vergaß er

sich umzudrehen

und statt mit dem Hintern 

mit eigenen Augen 

sich das All

anzusehen

und auch 

den Blickwinkel 

der anderen Seite

des schwarzen Lochs

einzunehmen.

Wie

sah denn

die Welt 

von dort aus?

Von der Perspektive

einer Maus, die im

schwarzen Loch Zuhaus,

sieht die Welt

ganz anders aus

als von der Perspektive

einer Katz,

die ratzfatz nur Beute 

macht.

Hätte sich der Besagte

auf den Blick

des Nichts

eingelassen,

würden sich die Menschen

nun

mit Anderem 

als Nur-Fassbarem

befassen.

Sie würden 

längst begreifen,

dass vieles,

was nicht zu greifen,

dennoch

ist.

Sie würden dann

in das Nichts

spüren.

Es ertasten.

Das

würde sie 

berühren.

Sie müssten

bei Euch,

liebe Tiere,

in die Schule

gehen,

den Riecher hegen,

die Ahnung pflegen,

kein Wort tauschen,

ins Nichts

lauschen,

und hören,

welche Fülle

aus der Leere 

spricht!

Da aber

der Wissenschaftler

damals das vergaß,

gilt,

wie zuvor,

sein altes Maß,

das klar besagt,

dass jenes siegt,

das etwas wiegt,

und was nicht wiegt,

ist unwichtig.

So bleibt 

seine Lehre

von der 

anderen Leere

zunächst unbesiegt.

Diese Tat

hat dazu geführt,

dass die Welt

erheblich 

ihres Gewichts enthoben

und reduziert

geworden ist.

Denn 

was verdichtet ist,

kann sich 

zur gleichen Zeit 

nicht dehnen.

Ist Euch, liebe Katzen, 

bewusst

was Ihr tut,

ist alles gut.

Seid auf der Hut!

Seid aber auch 

dessen gewahr,

welche Gefahr

für die Welt

besteht,

wenn sich Euer Blick

verfängt

und nur

an einem dichten Fokus

hängt.

Bedenkt:

Zur Dichte

gehört das Lichte,

und zum Fokus

die weite Welt!

Ganz unbefangen

fasst die Katz

den Unterricht

und die Moral

der Geschicht

zusammen:

der klare Fokus

fängt die Maus,

aber 

in der weiten Welt

bin ich Zuhaus.

Zuzana Sebková-Thaller